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Teamgeist ist Schlüssel zum Erfolg für deutsche Torballer

Im Vorfeld der Weltmeisterschaft herrschte Chaos · Frauen holen Bronzemedaille

Marburg. Deutschland ist erstmals Weltmeister im Torball der Männer. Drei der sechs Teammitglieder spielten lange für die SSG Blista Marburg.

von Florian Lerchbacher

Die Sportart an sich stand vor und während der Weltmeisterschaften in Innsbruck lange im Hintergrund: Zunächst hatte Bundestrainer Ralf Thurm aus privaten Gründen seinen Rücktritt erklärt. Und dann fehlte auch noch das notwendige Geld für die Teilnahme: „Der Deutsche Behindertensportverband stellt keine Fördermittel mehr zur Verfügung und unterstützt nur noch den Leistungssport“, ärgert sich der langjährige Marburger David Georgi, der inzwischen für den PSV Karlsruhe aktiv ist.

Die Torballer fanden dann aber doch noch Lösungen für ihre Probleme: Im letzten Augenblick übernahm das Bundesinnenministerium das Sponsoring. Als Trainer fungierten die Karlsruher Vereinscoaches Hans-Dieter Weidner und Josef Albanese, für die es Ehrensache war, die traditionsreiche Mannschaft zu betreuen.

In Österreich setzten sich die außergewöhnlichen Meldungen fort: Das Team aus Moldawien musste die Teilnahme absagen, da die Spieler keine Visa erhielten. Die Mannschaft aus Usbekistan verpasste ihren Flug nach Moskau und hatte keine Gelegenheit mehr, rechtzeitig nach Innsbruck zu kommen. Und das Team aus Kamerun schaffte es zwar bis zu den Wettkämpfen, dort setzten sich aber die vier Betreuer ab und die Spieler waren auf sich allein gestellt. Letztendlich trugen sie noch einige Spiele aus, dann zogen sie aber zurück und beantragten Asyl.

Doch schließlich sollte wieder Sport im Mittelpunkt stehen. Während Titelverteidiger Argentinien gar nicht erst angereist war, stand schon nach der Hälfte der Vorrunde fest, dass die Schweiz, einer der Favoriten, es nicht ins Halbfinale schaffen würde. Schlüsselspiel für Deutschland, das in Thomas Horn (Würzburg), Mario Kratzer (Karlsruhe) und Georgi drei ehemalige Marburger in seinen Reihen hatte, war die Begegnung gegen Belgien, die das Team nach einem 1:3-Rückstand zur Halbzeit noch mit 6:3 gewann.

Zunächst hatten die Deutschen das Erreichen des Halbfinales als Ziel ausgegeben, doch im Laufe des Turniers nahm die Zuversicht zu. „Ich habe so etwas noch nie erlebt. Die Stimmung im Team war toll, wir haben uns sowohl auf dem Feld als auch privat hervorragend verstanden“, sagt Georgi. Hinzu kam die spielerische Ausgeglichenheit der Mannschaft: Der Bundestrainer wechselte die Aufstellung von Spiel zu Spiel und erschwerte es so den Gegnern, sich auf Deutschland einzustellen.

Nach überstandener Vorrunde fegte das Team im Halbfinale Italien mit 7:2 vom Feld. „Wir konnten es selbst nicht glauben, wie gut es läuft“, erinnert sich Georgi und gibt zu, dass „wir irgendwann sogar rumgealbert haben“.

Im zweiten Halbfinale schaltete derweil Belgien die Gastgeber aus, machte sich so aber beim Publikum alles andere als beliebt. Im Finale schlugen sich die Zuschauer entsprechend auf die Seite der Deutschen, die ohnehin schon eine große Fangemeinde mitgebracht hatten. „Das Finale war furchtbar spannend“, gibt Georgi an. Zwar waren die ehemaligen Marburger nur Ersatz, doch von Neid keine Spur: „Die Mannschaft hat toll gespielt“, fasst er zusammen. Beim Stand von 2:2 wehrte Kapitän Hans Demmelhuber (Landshut) einen Penalty ab, ehe Jürgen Becker (Frankfurt) in der Schlussminute die entscheidenden zwei Treffer zum, 4:2-Sieg erzielte. „Während der Siegerehrung die Nationalhymne zu hören war ein bizarres Gefühl, das man in einem Sportlerleben nur selten erfahren darf“, fasst Georgi zusammen und ergänzt traurig: „Vom Behindertensportverband haben wir nichts gehört. Uns wurde nicht einmal gratuliert.“

Die deutschen Frauen, als Titelverteidiger angetreten, sicherten sich die Bronzemedaille durch ein 7:5 gegen Frankreich. In der Mannschaft standen in Gabi .Eschebach-Weck und Elke Averesch zwei Marburgerinnen.